Herausforderungen von DLT & Blockchain bei Banken und Versicherungen [Artikel]

Wieso nutzen Banken und Versicherungen die Blockchain nicht?

Banken und Versicherungen sehen sehr großes Potenzial in Distributed Ledger Technology (DLT) wie der Blockchain – nutzen sie aber selten. So haben sehen laut einer Bitkom-Studie von 2019 drei von vier Finanzdienstleister ein großer oder sogar sehr großes Potenzial in der Blockchain, z. B. als Transaktionssystem oder zum Eigentumsnachweis. Auf diese Euphorie trifft jedoch die Tatsache, dass 2019 weniger als jedes fünfte Finanzdienstleistungsunternehmen in die Blockchain-Technologie investiert hat bzw. im Einsatz hatte.

Wieso das so ist, habe ich mit Carolin Wenke (Technology Innovation Strategy Analys  in der Practice Blockchain and Multi-Party Systems von Accenture) und Dr. Markus Buschle (Lead Data Architect bei der Skandinaviska Enskilda Banken/SEB) in einer Interview-Studie unter zwölf Expert:innen untersucht.

Diese Studie erschien bei der 22. European Conference on Information Systems (ECIS) (hier der Link zum wissenschaftlichen Artikel) sowie als eine praxisorientierte Zusammenfassung aus der Sicht von Banken und Sparkassen im Bankmagazin (hier der Link zum Praxisartikel).

Überblick

Einen Überblick auf die Herausforderungen, ihre Häufigkeit und die Schwierigkeit ihrer Lösung fasst die Problematik gut zusammen:

Herausforderungen der Blockchain in Banken und Versicherungen
Herausforderungen der Blockchain in Banken und Versicherungen

Das Schaubild teilt sich horizontal in Herausforderungen, die sich eher schwer lösen lassen, und solche, die sich eher leicht lösen lassen, sowie vertikal in Herausforderungen, die von den Expert:innen eher häufig genannt wurden, und solche, die eher selten genannt wurden.

Die drei Arten von Herausforderungen (Technik, Führung, Organisation) im Einzelnen:

1. Technische Herausforderungen

Die Ergebnisse zeigen, dass Banken und Versicherung wenig bedeutende technische Hürden sehen. Darin gibt es zwar Hindernisse wie z. B., dass die Unveränderbarkeit der Blockchain mit dem datenschutzrechtlichen Recht auf Vergessenwerden kollidiert oder dass Blockchain-Systeme noch nicht problemlos mit der Transaktionsgeschwindigkeit konventioneller Systeme mithalten können. Allerdings sind die Expert:innen zuversichtlich, dass dies bald behoben ist bzw. haben schon Ansätze, um diese Schwächen auszugleichen, sodass die technische Perspektive kein großes Hindernis darstellt.

2. Herausforderungen der Führung

Größer sind schon die Herausforderungen in Bezug auf das People-Management. In Banken und Versicherungen fehlt den Mitarbeitenden aufgrund der Heterogenität der Vorbildung häufig das technische Know-How zur Blockchain. Hier sind die Unternehmen auf externe Unterstützung durch Beratungs- und IT-Dienstleistungshäuser stark angewiesen. Schwerwiegender ist jedoch, dass es häufig ebenso an der richtigen Haltung zur Innovation und dem grundlegenden Verständnis für den Sinn, Zweck und Prämissen der Blockchain mangelt. Diese Herausforderungen erfordern einen Wandel der Bank- und Versicherungskultur.

3. Organisatorische Herausforderungen

Schließlich liegen die größten Hürden auf Prozess- und Organisationsebene. Zum einen gibt es offene Fragen in der Zusammenarbeit in Konsortien sowie in der Findung von potenziellen Partnern dafür. Zum anderen erschweren Eigenentwicklungen und geschlossene Systeme die Interoperabilität und Integration. Zudem gibt es noch viele Bereiche, die durch die Finanzaufsichtsbehörden noch nicht ausreichend reguliert werden, sodass die Banken und Versicherungen oftmals noch auf einen Standard warten. Ironischerweise besteht gleichzeitig eine Angst vor Überregulierung.

Fazit

Die technologischen Herausforderungen sind zwar schwer alleine lösbar, allerdings sind diese Themen nicht sonderlich präsent bzw. hinderlich in den Finanzunternehmen. Zudem arbeitet in diesem Bereich eine große Community an der Weiterentwicklung.

Anders sieht es schließlich bei den Führungsherausforderungen aus, die die Mitarbeitenden betreffen. Sie werden relativ häufig als Hindernis genannt, jedoch gibt es in diesem Bereich Lösungswege wie Qualifikation und Kommunikation, um diese Barrieren zu beseitigen.

Schließlich liegen die größten Herausforderungen in der betrieblichen Organisation. So werden häufig die fehlenden Integrationsmöglichkeiten in die Prozesslandschaft, fehlende Kooperationspartner oder regulatorische Barrieren genannt, die allesamt nur mit großem Aufwand und Komplexität adressiert werden können.

Insgesamt bleibt DLT ein spannendes Thema für Finanzdienstleister, bei dem sich in den kommenden Jahren viele Weichen stellen werden. Um den technologischen Fortschritt mitgehen zu können, müssen Banken und Versicherungen insbesondere an ihrer Prozessarchitektur und Betriebsorganisation arbeiten sowie bei den Mitarbeitenden eine innovationsfreundliche und technologieoffene Haltung etablieren.