Die Colgate-Lasagne und warum es eine schlechte Innovation war [Artikel]

Colgate Lasagne als schlechte Innovation

Das Museum of Failure ist eine Online- bzw. Wanderausstellung, das sich gescheiterten Produkten und Ideen verschrieben hat. Dort finden sich fehlgeschlagene Innovationen wie die durchsichtige Pepsi, das Golfschläger-Klo, das Aufsprühkondom, das Twitter-Smartphone und eben die Colgate Lasagne.

Laut dem Ausstellungstext war die Colgate Lasagne ein Teil einer ganzen Linie an Fertigprodukten in den 1980ern und der Versuch, die starke Marke von Colgate zu nutzen, um das Produktportfolio auszuweiten. Nun ist der Colgate-Palmolive-Konzern in der Tat sehr markenstark und kann viele Marken rund um Zahnpflege (Colgate, Elmex, Aronal, Meridol, Dentagard), Körperpflege (Palmolive), Haushaltsreiniger (Ajax, Palmolive) und Textilpflege (Ajax, Softlan) und Tiernahrung (Hill’s) auffahren. Tiefkühlprodukte gehören bisher nicht dazu.

Colgate-Lasagne & kundenzentriertes Denken

Die Colgate Lasagne verbindet herzhafte Bolognese mit der innerlichen Vorstellung von minzfrischem Geschmack – und lehrt uns einiges über die Gründe fehlgeschlagener #Innovation…

Rein geschmacklich, hätte ich den Colgate Mojito oder den Colgate Kaugummi bevorzugt. Aber wieso ist diese Lasagne denn überhaupt eine schlechte Idee?

Das berühmte drei Linsen-Modell von IDEO zeigt uns, dass echte Innovation drei Perspektiven bzw. Fragen bedienen muss:

  1. Erwünschtheit: Wollen die Kunden das?
  2. Machbarkeit: Habe ich die Fähigkeiten dafür?
  3. Nachhaltigkeit: Trägt es zur langfristigen Zielerreichung bei?
Drei Linsenmodell nach IDEO
Das Drei-Linsen-Modell nach IDEO

1. Erwünschtheit: Wollen die Kunden das?

Na ja, Lasagne ist schon lecker, aber das Störgefühl, dass es von einer Marke kommt, die für Zahnpasta bekannt ist, bleibt einfach. Das Produkt an und für sich verfehlt vielleicht nicht den Kundengeschmack, aber in diesem speziellen Fall passt es nicht zur Erwartung an die Colgate-Marke und spricht damit keinen Wunsch des Colgate-Kunden an.

2. Machbarkeit: Habe ich die Fähigkeiten dafür?

Eine Innovation muss zum einen natürlich grundsätzlich machbar sein (z. B. aus technischer Sicht), aber zum anderen muss ich auch über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Am besten geht das natürlich, wenn ich bereits ähnliche Produkte bzw. Erfahrungen im Petto habe. Auch hier erschließt sich der Zusammenhang zwischen Lebensmittel und den Kernprodukten des Unternehmens (Zahnpasta, Seife und Reinigungsmittel) nicht, u. a. weil es sich um ganz andere Produktionsprozesse und Rohstoffe handelt.

3. Nachhaltigkeit: Trägt es zur langfristigen Zielerreichung bei?

Jedes Produkt muss etwas zu den Zielen der Organisation beitragen – sei es nun Geldverdienen, der Aufbau einer Marke oder die Erreichung eines sozialen Mehrwerts. Bei der Colgate-Lasagne stellt sich die Frage, was dieses Ziel sein soll. Der Start einer Transformation zum Lebensmittelhersteller? Der Pilot zur Colgate-Pizza? Das bisher einzige Segment, das sich mit Ernährung beschäftigt, ist die Tiernahrungstochter von Hill’s – was wiederum nur sehr weit hergeholt mit Lasagne zu tun hat. Eine strategische Positionierung oder Markenkern lässt sich also nicht so einfach erkennen (das wäre bei einem Zahnpflegekaugummi von Colgate leichter gewesen).

Zusammenfassend hat der Versuch, die Marke Colgate im Tiefkühlregal zu etablieren, natürlich nicht funktioert. Die Kunden hatten eine andere Erwartung (Erwünschtheit), eine technologische Vorkenntnis oder Prozesserfahrungen waren nicht ebenfalls gegeben und schließlich fehlte es am strategischen Beitrag zu den Zielen der Marke.

Darüber, ob es die Colgate Lasagne je im Supermarkt gab, wird übrigens gestritten, denn das Bild ist ein Nachbau. Es gibt jedoch valide Hinweise, dass Colgate sich tatsächlich in den 1960ern mit Tiefkühlgerichten (wenn auch nicht unbedingt Lasagne) beschäftigt hat (mehr dazu unten). Aber selbst wenn nicht, wie schon Mark Twain sagte:

„Never let the truth get in the way of a good story.“

Mark Twain

Randnotiz

Gab es sie jetzt oder gab es sie nicht? Auf der Webseite von Ripley’s Believe it or not wird genau diese Frage von Engrid Barnett aufgeworfen und nach Quellen recherchiert. So gibt es laut Ripley’s bei Colgate kein kollektives Gedächtnis oder Dokumente, an denen man die Wahrheit der Geschichte belegen könnte. Auch gibt es keine Drittquellen, die auf eine Lasagne in den Achtzigerjahren schließen lassen würden. Allerdings konnte Barnett einen Eintrag im Television Age Magazine von 1966 mit der Aussage finden, dass eine Reihe von Fertiggerichten mit Hühner- und Krabbenfleisch unter dem Label Colgate Kitchen kurzzeitig eingeführt, aber schnell wieder vom Markt genommen hat. Ebenso lässt sich in einem Bericht im The American Institute of Food Distribution nachvollziehen, dass 1964 fünf Produkte tatsächlich testweise auf dem Markt waren. Auch hier wird von Hühner- und Krabbenfleisch gesprochen, sodass die Colgate-Lasagne wahrscheinlich ein Mythos ist, dessen zugrundeliegende Idee jedoch sehr wohl existiert hat.